
Eine Frau bekommt in ihrem Leben zu unzähligen Anlässen Blumen. Hier: Blumenstrauß, geordert in Kanada, zur Geburt von Kind 3.
Beitrag zur Blogparade Frauenleben am Weltfrauentag.
Was macht ihr (als Frauen) am Weltfrauentag? Wie sieht euer Leben aus – wenn das Private politisch ist? Das wollte Dr. Mo vom Blog muttermensch.wordpress.com wissen. Eine gute Frage, die sicher irgendwas mit Feminismus zu tun hat. Landfamilie findet’s raus!
Der Frauentag ist in Deutschland ja kein Feiertag, auch Blumen werden eigentlich nicht verschenkt. Er fällt für mich in dieselbe Kategorie wie Muttertag und Valentinstag, also Tage, an denen man irgendwie daran erinnert wird, wie gut man es doch habe, da man eine Mutter / einen Partner / eine Frau an seiner Seite hat. Mehr weiß ich darüber nicht, ich nehme diese Tage nicht allzu ernst.
Wochenbett ist Ausnahmezustand. Für die Frau
Ich habe am 29. Februar unser 3. Kind zur Welt gebracht. Sie ist am Frauentag 8 Tage alt, wird achtmal gestillt und sechsmal gewickelt. Alle drei Kinder haben Schnupfen, der Mittlere auch noch Husten und Windelausschlag (ja, hier werden zwei Kinder gewickelt!). Unser Haushalt ist im Ausnahmezustand. Meine Mutter ist da, daher sind Küche und Fußboden sauber wie selten. Ja, wenn man meinen Mann und mich nicht ranlässt, wirkt sich das gleich auf die Qualität aus! Mehr und mehr entspanne ich mich, ich merke, dass ich sogar den Jetlag vom Anfang schon überwinde, mehrere Stunden am Stück hellwach sein kann. Morgens nicht zusammen mit dem Schulkind aufstehen zu müssen ist ein unglaubliches Geschenk!
Für den Mann geht’s weiter wie bisher
Für meinen Mann geht erstmal alles weiter wie immer. In Elternzeit geht er später. Er muss genau dasselbe leisten wie sonst auch, und da unsere Kleinste mit Schnuller nachts sogar ziemlich leise ist, glaube ich, dass er das auch packt. Bislang ist sie fast den ganzen Tag „meins“. Wird von mir hochgehoben, getragen, gefüttert, gewickelt, getröstet. Die Tage sind eine Endlosschleife. Das war beim ersten Kind noch ein Schock, aber nun weiß ich: auch das geht vorbei.
Der Frauentag als solcher: passiert nur im Internet
10 Uhr: Die beiden Großen sind bei Tagesmutter und in der Schule, der Mann auf der Arbeit. Meine Mutter und ich erledigen unsere Aufgaben rund um Haushalt und Baby. Es ist harmonisch und ruhig. Gerade schläft die Kleine und ich finde zwei spannende Artikel, die das Internet sich für den Weltfrauentag aufgespart hat: Einmal der Fotowettbewerb von EyeEm und Edition F zum Thema „Darstellung von ‚Businessfrauen‘ in der Stockfotografie reloaded“ und einmal der hochinterressante Blickwinkel von Meike Lobo auf den heutigen Feminismus in der ZEIT: „Die feministische Selbstdemontage“. Das Handy schlägt an, eine WhatsApp-Nachricht ist von der Tagesmutter gekommen. Sie schickt ein Bild mit einem Blumenstrauß und gratuliert zum Weltfrauentag. Spontan fotografiere ich den großen Blumenstrauß, den mein Onkel zur Geburt aus Kanada geschickt hat und schreibe zurück: „Weil es Frauen wie dich gibt, können andere Frauen arbeiten.“ Ich habe diese Aussage jetzt nicht dahingehend überprüft, ob sie wirklich den Feminismus- bzw. Gleichberechtigungs-Nerv trifft oder nicht und lass die jetzt mal so stehen.
Die Pfarrerin kommt
11 Uhr: Es klingelt. Die Pfarrerin! Ich finde es sehr sympathisch von ihr, einfach reinzuschneien. Wenn man sich lange vorher ankündigt, wird ja meistens eh nichts daraus. Und so reden wir eine Stunde lang über Kinder (sie hat vier plus zwei Enkel), den neuen Waldkindergarten, die neuen Flüchtlingsunterkünfte und den Religionsunterricht, den Lehrer und Pfarrer in Baden-Württemberg gleichermaßen erteilen. Lustigerweise ist die Kunde von der Geburt nicht übers Standesamt, Gemeindeblatt oder auf sonst einem offiziellen Weg zur Pfarrerin geeilt, sondern direkt über die zuverlässige Mundpropaganda unserer Tochter, die es allen in ihrer Schule erzählt hat.
Dann kommt die Hebamme
11:30 Uhr: Die Pfarrerin wird durch die Hebamme abgelöst. Sie bleibt nur kurz, denn es gibt kaum Neuigkeiten auszutauschen. Hm, wir haben das Baby bislang noch nicht gewogen, außer im Strampelanzug, aber das zählt nicht. Und als wir einmal um Mitternacht mit brüllendem Säugling versucht haben, die Waage anzustellen, hat sich diese konsequent geweigert, irgendetwas anzuzeigen. Auch der Arzt hat bei der U2 vergessen, die Kleine zu wiegen. Jetzt sitzen wir hier, das Baby wächst und wird immer schwerer und wir wissen nicht, was es wiegt! Sachen gibts.
Kochen und Kinder abholen: erledigen diese Woche meine liebsten Mitweiber!
12:30 Uhr: Die Erstklässlerin ist nach Hause gekommen, dank Schulbus und dem formidablen Shuttleservice unserer Vermieterin. Es ist wirklich unbeschreiblich, wie sie sich um unsere Kinder gekümmert hat, vor und nach und auch während der Geburt. Das kann ich im Leben nicht wieder wettmachen! Meine Mutter hat gekocht: Pommes mit Würstchen, Ketchup und Gurkensalat. Was Besseres gibt es nicht, findet die Erstklässlerin.
Haushalthilfe gesucht. Auch hier wird eine Frau kommen
15:00 Uhr: Es ist schön, sich ein paar Tage lang ausschließlich um das Baby kümmern zu dürfen. Aber was ist ab Montag? Da bin dann mindestens den halben Tag mit Groß- und Klein-Baby alleine! Ich kann das Groß-Baby nicht heben, jedenfalls nicht ständig, es keine Treppe hochtragen, mich nicht bücken, um etwas aufzuheben, was es zum x-ten Mal runtergeworfen hat. Außerdem ist er, seit das „Beebie“ da ist, furchtbar nervös und rebellisch. Das wird der Horror! Ich klemme mich ans Telefon, rufe Arzt, Krankenkasse und die Diakonie an, mit dem Ziel, für die nächsten Wochen eine Haushaltshilfe zu bekommen. Und oh Wunder, alle geben mir schon morgen einen Termin oder versprechen, alsbald zu helfen, am besten, ich schaue persönlich vorbei.
Keine Ahnung, was am Frauentag sonst noch so passiert ist. Ich gehe nicht vor die Tür, das Neugborene auch nicht. Die anderen kommen und gehen: Flötenstunde, Bandprobe, in Pfützen fallen, das sind so die Dinge, die die anderen heute erleben, während ich jedesmal, wenn ich etwas im Untergeschoss zu erledigen habe, überlege, ob das Treppenlaufen die Mühe wirklich wert ist. Und dann doch oben bleibe.
Im Wochenbett am Weltfrauentag fühle ich mich bei meinen Mit-Frauen am meisten aufgehoben
Klar ist mir geworden: Es gibt keine Zeit im Leben, in der die Hilfe oder auch nur die Worte anderer erwachsener, gerne älterer Frauen, eine solche Rolle spielen wie im Wochenbett. 50-50-Gleichberechtigung hin oder her: Ein Mann wird diesen Zustand nie erleben. Selbst wenn er sich , als „neuer Vater“, dafür entscheiden sollte, mehrheitlich oder auch ganz alleine für Baby und Haushalt verantwortlich zu sein, wird er kaum nachvollziehen können, aus welch einem körperlichen (bei manchen auch seelischen) Tief frau nach der Geburt erst wieder nach oben klettern muss. Egal, wie der Alltag danach wieder aussieht, der Weg dorthin erscheint wenige Tage nach der Geburt lang und steinig.
Die Frage nach der Unterstützung im Wochenbett ist keine feministische
Die Emanzipation beider Geschlechter funktioniert nirgends so schlecht wie rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, wenn die Körper und Emotionen ihre Akteure regelrecht zu dem zwingen, was sie zu tun haben. Die Biologie – nicht die gesellschaftliche Prägung – bringt mit sich, dass es die Frau ist, die in dieser Zeit auf der Arbeit, in ihrer Familie, als Ehefrau und als Mutter der älteren Kinder mehr oder weniger komplett ausfällt.
Ein schöner Gedanke, den ich letztens irgendwo las, war der, dass arbeitende Väter parallel Vaterschutz nehmen können sollten. Um ihre Frau, die Mutter geworden ist, in den ausschlaggebenden Wochen vor und nach der Geburt maximal unterstützen zu können und sie nicht so stark an das Gesundheitssystem und die weibliche Verwandtschaft zu verlieren, um selbst mit der Aufgabe zu wachsen.
Das wäre aber jetzt gar keine Aufgabe für den Feminismus und die Frauen – hierfür müssten die Männer selber eintreten.
Am Tag nach dem internationalen Weltfrauentag – Betonung auf international – war ich im Augustinum in Heidelberg auf einem Vortrag zum Thema, ob dieser Frauentag noch nötig sei.
Da wurde mir sehr klar, dass er nötig ist, v.a. in der internationalen Sichtweise. Da muss noch ein weiter Weg gegangen werden.
Und Du hast sehr recht: Blumen tun es da keinesfalls.
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