Coronatagebuch Tag #31

Samstag

Der Tag vor Ostern. Die letzte Einkaufsmöglichkeit vor einem Doppelfeiertag. Alle Geschäfte voll. Dazu Sonne, flugzeugfreier wolkenloser Himmel, Temperaturen wie im Frühsommer. Alle wollen raus.

Es heißt, von unserem Verhalten hinge nun ab, wie man am Dienstag nach Ostern weiterhin mit uns verfahre. Bleiben wir drin, kaufen wir weniger ein, fahren wir weniger weit, treffen wir weniger Leute: gut. Wenn nicht: verlängert sich der Lockdown. Könnte zumindest.

Der OB hat jetzt auch einen Instagram-Account, und er trägt auf allen Fotos Mundschutz.

„Distanz ist ein Akt der Nächstenliebe“, hat er gesagt und damit das „Abstand ist Ausdruck von Fürsorge“ der Bundeskanzlerin aufgegriffen.

Einkaufen

Ich war am Samstag viermal einkaufen. Ich sag es nur, falls das im Trackingregister schon auffällig wurde.

In einem der Geschäfte, einem Drogeriemarkt, fiel mir am Eingang auf, wie viele Personen hier herumstanden. Sicher hingen irgendwo irgendwelche Zettel, auf denen das mit dem Abstandhalten stand. Aber es gab keine Security, niemand, der die Kunden beim Reingehen zählt, oder Absperrband, damit man z.B. links reinläuft, rechts wieder raus. Drinnen war es so voll wie an einem ganz normalen Samstag. Die Gänge so eng, dass man unmöglich im geboteten Abstand aneinander vorbeihuschen konnte. Sowieso waren in jedem Gang immer schon drei Leute, egal, wohin man sich wendete. Hier trugen auch nicht halb so viele Leute Schutzmasken wie in unserem beschaulichen Vor-Örtchen.

Später berichtet Nachbarin A. vom Baumarkt, wo ihr die Kassiererin zuraunte: „Hier ist Polizei! Halten Sie unbedingt die 1,5 Meter ein! Sonst müssen wir schließen!“ Die Nachbarin hat aber alles bekommen, was sie brauchte und mir auch drei Gießkannen für unseren Garten mitgebracht.

Die beiden kleinen Kinder hatten am Samstag so etwas wie ihre erste eigene Verabredung. Sie durften alleine die Straße hinunter bis zum Haus von A. laufen, die wir seit dem Lockdown ständig sehen.

Sonntag

Am Ostersonntag setzen wir die beiden pünktlich um 10 vor den Bildschirm. Zoom. Natürlich. Die Kindergottesdienst-Leiterin liest eine Geschichte mit Handpuppe vor. Die Kinder haben schon mitbekommen, dass sie sich nicht nur berieseln lassen müssen wie vom Ralph oder vom Checker Tobi oder von der Anke. Sie beantworten Fragen und winken zum Abschied, wenn auch etwas steif.

Der Gottesdienst für Erwachsene fängt eine halbe Stunde später an. Es ist eine YouTube-Livesendung, und ich bin ganz froh, dass ich nicht zugeschaltet bin, sondern einfach nur konsumieren kann.

Radtour

Heute planten wir die erste Radtour seit dem Lockdown. Helm auf? Helm auf! Mundschutz auf? Hab ich einen Mundschutz?

Neben dem nicht vorhandenen Mundschutz blieb auch das Handy zu Hause. Bisschen die Statistik ärgern. Oder einfach so. Wir fuhren durch einen aufkommenden Sturm, Wände aus Blütenstaub kamen uns entgegen. Am Kloster wurde es so schlimm, dass wir in der Kapelle Unterschlupf suchten. Doch noch eine echte Kirche. An Ostern.

Manche saßen mit dem Klosterbier auf der Mauer. Der Biergarten hatte zu, aber ein Bier kaufen und auf der Mauer trinken war in Ordnung. Leider hatten wir außer dem Handy auch das Geld zu Hause gelassen.

Auf der Alten Brücke beobachteten wir ein Polizeiboot, das auf dem leeren, sauberen Fluss auf und ab patrouillierte. Einmal fuhr es direkt aufs Ufer zu. Leute erschrecken. Oder so.

Sohn: „Warum fährt da die Polizei?“

Ich: „Frag deine kleine Schwester. Die weiß das.“

Die Vierjährige beantwortet nämlich alle Warum-Fragen roboterhaft mit „Weil Coronavirus ist“. Meistens ist die Antwort richtig.

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