Meine Kinder stehen nicht im Lebenslauf

Kinder im Lebenslauf erwähnen, ja oder nein? Das fragt sich jede Frau, die ins Berufsleben starten will und schon Kinder hat. Das fragt sich auch Severine vom Blog „Mama on the Rocks“, und ruft zur Teilnahme an einer Blogparade auf. Wer über dasselbe Thema schreiben und bei Severine verlinken möchte: Nur zu!

Das Arbeitsamt will, dass wir uns lückenlos präsentieren.

Das Arbeitsamt will easy Klienten, eine positive Statistik und nicht nur die Schwervermittelbaren. Das Arbeitsamt hasst Lücken. Schon als Teenager wird uns daher eingebleut: Produziert in eurem Leben bloß keine Lücken. Denn dann braucht ihr Ausreden, um die wieder zu stopfen… Aber wir wollen euch ja auch nicht beibringen zu lügen. Ab da wird es kompliziert.

Lücken sind Sachen, die Spaß machen oder nur uns privat etwas angehen. Lücken hätten aber rückwirkend nicht passieren dürfen, jedenfalls nicht, wenn wir irgendwann auch mal Geld verdienen wollen.

Die folgenden Beschreibungen sind fiktiv, können aber durchaus so passiert sein: Drei Monate Urlaubsreise nach Bali: Lücke. Ein Jahr bei den Eltern wohnen, weil das Studium nicht mehr zusagt und wir nicht wissen wohin: Lücke. Sex mit dem Richtigen, Schwangerschaft und Nestbau: Lücke.

Wie vermeiden wir Lücken im Alltag? – Ein paar Beispiele

Die lückenbesorgte Urlauberin beugt vor, indem sie mit einem Programm nach Bali reist. Sie wird dort in ihrem Hostel nicht nur schlafen, sondern natürlich auch an der Bar arbeiten. Sie wird nicht nur private Urlaubsbekanntschaften schließen, sondern ihr Netzwerk erweitern. Das Jahr bei den Eltern wird selbstverständlich mit einer Immatrikulation in einen unproblematischen Studiengang kaschiert, das nur fünf Leute studieren und wo man selbst nie hingeht,  z.B. Religionswissenschaften. Und Schwangerschaft und Kinder? Hier zögern viele. Und schreiben dann nicht nur: Elternzeit, Kindererziehungszeit. Sondern erwähnen ihre Kinder arbeitsamtskonform gleich im Header ihres CV: „Drei Kinder, geboren 2005, 2009, 2012, in Betreuung.“

Für wen schließen wir die Lücken?

Jetzt wollen wir mal darüber nachdenken, für wen wir die Lücken schließen sollen. Ist es wirklich für uns? Damit wir uns besser fühlen und glaubwürdiger, sinnerfüllter und innerlich geläutert durchs Leben gehen? Nein, wir schließen die Lücken für einen fiktiven Chef eines fiktiven Unternehmens, wo wir uns gegebenenfalls bewerben. Wenn das Arbeitsamt eine solche Stellenausschreibung für uns raussucht und die nicht völlig bescheuert ist, machen wir das auch. Wir seufzen und öffnen die Datei lebenslauf_version28347.docx und lesen wieder und wieder unseren Header: „Geboren dann und dann. Verheiratet. Drei Kinder.“

So war es auch bei mir. Dass meine Kinder groß obendrauf auf dem Lebenslauf prangten, machte mich sicherer. „Dann muss ich das Kinderthema nicht erst im Vorstellungsgespräch ansprechen.“ Dachte ich. Als ich mich einmal bei einem Volontariat in Berlin bewarb, saß ich stundenlang vor meinem CV, bis da so etwas stand wie:

„Eine Tocher, 5 Monate, zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme vorauss. 9 Monate alt, wird zu diesem Zeitpunkt ganz, ganz sicher, das verspreche ich, einen Kitaplatz haben, was denn sonst!!!!“

Wie unschwer zu erahnen, wurde ich nicht eingeladen. Hier war guter Rat teuer.

Lohnt sich eine freiberufliche Tätigkeit?

Zu mir als Geisteswissenschaftlerin, die außer mehreren Sprachen nur schreiben und Computer kann, kam der Rat in Form des Freiberuflertums. Freiberufler sein, das gilt für das Arbeitsamt (und für die eigenen Eltern und die Uniprofs sowieso) als Falle. Solltet ihr euch dafür entscheiden, Freiberufler zu werden, wird der Aufschrei nicht ausbleiben: DIE FIRMEN NUTZEN DICH NUR AUS!!! DU WIRST NIE FERIEN HABEN!!! DU DARFST NIE KRANK SEIN!!! DU ARBEITEST 24/7 OHNE WOCHENEND- UND NACHTZUSCHLAG. DU BEKOMMST DEIN GELD NIE RECHTZEITIG UND ES WIRD SICH IMMER JEMAND FINDEN DER ES BILLIGER MACHT!!!

Klar, das alles kann passieren. Und es wird auch passieren. Aber mal ehrlich: Hast du als Mutter/ Eltern denn überhaupt jemals frei? Gibt es die ersten Jahre mit Kind denn überhaupt irgendeine Minute, in der du zum Nachdenken, Ausspannen oder auch nur zum ESSEN oder SCHLAFEN kommst?

Wenn ihr überlegt, euch mit eurer Tätigkeit freiberuflich zu machen und Kinder habt, würde ich euch immer dazu raten: macht es. Einkommensausfälle (vor allem am Anfang) können durch einen Gründungszuschuss des Arbeitsamts ausgeglichen werden. Oft muss man sehr sparsam leben, keine Frage. Von Anfang an solltet ihr in beruflichen Netzwerken nach Gleichgesinnten suchen. Redet mit Frauen, die 10, 20, 30 Jahre älter sind. Ihr erfindet nämlich nicht das Rad neu. Alles hat es schonmal gegeben und davon war das meiste nicht schlecht.

Nach zehn Jahren Freiberuflertum mit mittlerweile drei Kindern kann ich sagen: Tatsächlich kommt nichts dem Elternleben so entgegen wie eine freiberufliche Tätigkeit.

Fail No1: Krank zur Arbeit gehen

Ein Beispiel aus der Welt des Angestelltentums: Wenn du angestellt bist, kannst du noch so glaubwürdig und motiviert deinen Job machen, es kommt der Tag, da ist das Kind krank. Nicht nur für einen Tag, sondern für eine Woche. Oder länger. Und danach ist das nächste Kind krank. Jeden Tag wird dein Vorgesetzter ungeduldiger, schon nach drei Tagen ist dein Aufgabengebiet an deine Kollegen vergeben, und so manche Aufgabe kommt vielleicht nicht zurück. Wenn du zwei Wochen lang (abwechselnd mit deinem Partner) deine Kinder gepflegt hast, bist du selbst krank. Aber du traust dich nicht, noch länger zu fehlen. Also pumpst du dich mit Schmerzmitteln voll und gehst trotzdem.

Fail No2: Zeitversetzt Urlaub machen

Noch ein Beispiel: Wenn deine Kinder bereits schulpflichtig sind, haben sie ungefähr 12 Wochen frei, du selbst hast aber nur 4 Wochen. Glücklich bist du, wenn du dich mit deinem (im Beispiel ebenfalls beruflich aktiven) Partner absprechen kannst. Dann schafft ihr es, zeitversetzt jeweils 4 Wochen Urlaub zu nehmen, damit die Kinderbetreuung abgedeckt ist. Fehlen noch 4 Wochen, die gut geplant und abgesteckt sein müssen: Kann das Kind zu den Großeltern gehen? Oder nimmt es am Ferienprogramm eines Vereins, einer Kirche teil? Da muss es angemeldet werden und es entstehen Kosten. Gemeinsamer Urlaub? Fehlanzeige!

Das Angestelltendasein ist für viele Menschen nichts

Ich könnte noch mehr Beispiele anfügen. Aber schon jetzt stellt sich die Frage, was am Angestelltendasein besser sein soll als am Freiberuflerdasein. Offensichtlich nämlich NICHTS. Angestellt sein (ohne Möglichkeit auf Homeoffice und flexible Arbeitszeiten) ist nicht nur nichts für Eltern, die sich um Kinder kümmern müssen. Es ist auch nichts für alle anderen Menschen in Lebenskrisen, mit chronischen Erkrankungen, mit Care-Aufgaben, die über das tägliche Abspülen und Katzefüttern hinausgehen – wie das Kümmern um behinderte, kranke oder demente Angehörige.

Zurück zur Ausgangsfrage: Sollen die Kinder im Lebenslauf erwähnt werden, ja oder nein? Hierzu werdet ihr landauf, landab verschiedene Antworten in der Ratgeberliteratur und der Rechtssprechung finden. Mein Rat lautet: Wenn es passt, ja. Wenn nicht, dann nicht.

Kinder auf der eigenen Homepage erwähnen?

Fragt euch: Würde auf eurer (fiktiven) Homepage, auf der ihr eure Skills und Arbeitskraft anpreisen würdet, stehen, dass ihr Kinder habt? Vermutlich nur, wenn das mit eurem Job in Verbindung steht. Bspw. ihr wollt als Tagesmutter arbeiten. Dann macht der Hinweis darauf, dass ihr zwei eigene kleine Kinder habt, die ihr sowieso schon betreut, durchaus Sinn. In (fast) allen anderen Fällen nicht.

Warum sollen Kinder Lückenbüßer sein?

Und fragt euch: Warum überhaupt Kinder als besondere Lebens-Herausforderung oder geniale kleine Lückenbüßer nennen, wo doch die meisten Erwachsenen in ihrem Leben irgendwann einmal mit Kindern zu tun haben? Seien es eigene, Pflege-, Adoptiv-, Paten- oder Stiefkinder, später (vielleicht auch schon früher) einmal Enkelkinder. Um Kinder muss sich gekümmert werden, und das geht bei den meisten Jobs nicht während der Arbeit. Das sollte eigentlich ein Allgemeinplatz und nichts Besonderes sein.

Das ist es aber leider nicht. Denn wir leben in einer patriarchalen und profitorientieren Welt, in der Mann als Arbeitskraft ständig zur Verfügung und abrufbereit zu stehen hat, in der es keine Krankheiten, keine privaten Sorgen und Verpflichtungen gibt. Die Heldenserien aus Kino, TV und Streaming leben es uns jeden Abend vor: der Größte ist der, der nie schläft, nie isst, immer nur soviel verliebt ist, dass er noch zu 120% zum Arbeiten kommt, und Kinder, wenn überhaupt, weit weit weg vom Job an einem sicheren Ort von einer anderen Personen aufziehen lässt.

Was ist mit anderen privaten Herausforderungen?

Fragt euch auch: Würdet ihr außer den Kindern andere private Herausforderungen, die im Vorstellungsgespräch zu Rückfragen führen würden, im Lebenslauf nennen? Beispielsweise ein arbeitsintensives Ehrenamt (das mit der Jobbeschreibung nichts zu tun hat), häufige längere Fahrten ins Ausland zur Verwandtschaft, eine demente Mutter oder Oma, für die ihr zu festen Zeiten verantwortlich seid, oder ihr habt gerade einen großen Pferdehof gepachtet, wo neben der Sorge für die Tiere erst einmal die Scheune repariert werden muss…

Meine Kinder stehen also nicht im Lebenslauf. Das heißt nicht, dass ich mich ungerne als Familienfrau präsentiere. Im Web mache ich das auf zwei getrennten Seiten. Es gibt meine Job-Homepage und es gibt mein Landfamilienblog. Viele interessiert nur eine der beiden Seiten. Wer will, kann beides lesen.

Macht mit bei der Blogparade von Mama on the Rocks!

Coronatagebuch Tag #88

Arbeit in Zeiten von Corona

Fünf Minuten nach dem Frühstück klappe ich den Bildschirm hoch, setze die Kopfhörer auf und bin mitten auf der Arbeit. Beim Video-Interview schauen zwar ein paar Mal die Kinder rein und fragen, was sie anziehen sollen, aber das stört nun wirklich keinen. Verbrachte Zeit in einem Fahrzeug: 0, CO2-Ausstoß beim Weg zur Arbeit: 0.

Überzeugungen in Zeiten von Corona

Der Lockdown wird ausgeschlichen. Und auch wenn es absolut nicht sein muss, dass Klamottenläden, Schulen und Spielplätze jetzt wieder auf haben, es gibt auch ein paar positive Entwicklungen.

Unter einem Lindenbaum in einem Café eine Limo zu trinken ist ein Traum, den wir vor vier Wochen noch nicht zu träumen wagten.

Hauptsache draußen sein. Hauptsache viele sein. Hauptsache Alkohol. Das scheint so das Motto vieler Menschen gerade zu sein, aber ich habe auch nur eine Momentaufnahme gemacht.

Gleichzeitig nehmen die Demos zu. Aber auch mag nur nur eine Momentaufnahme sein. Aktuell und aus traurigem Anlass gegen Rassismus, gegen die amerikanische Politik bzw. gegen Polizeigewalt. Außerdem gegen Kohleenergie, Abwrackprämie und gegen Firmen und politische Entscheidungen, die das 1,5-Grad-Ziel nicht berücksichtigen. Für mehr Fahrradwege (Pop-up bike lanes). Gegen die Corona-Verordnungen im Speziellen und gegen eine Über-Regelemtierung im Allgemeinen. Überall laufen Linke und Rechte mit, die wahlweise zum „Polizisten klatschen“ aufrufen oder Kamerateams angreifen. Die mit lokalen, landes- oder bundesweiten Beschlüssen nicht einverstanden sind oder das ganze Land an sich ablehnen.

Haushalt in Zeiten von Corona

Der Haushalt wird zwar immer zäher und liegt immer mehr so rum. Theoretisch sind aber fünf Personen zwischen 4 und 41 Jahren täglich anwesend, sodass jeder einen Teil davon abarbeiten könnte. Praktisch sah heute so aus:

  • Mutter: räumt alles Lego und Playmobil auf und eliminiert dabei kiloweise Staub
  • Vater: plant die nächsten Renovierungs-Schritte am Telefon, wäscht ab, sägt Fußbodenleisten
  • Kind 3: spielt erst Bootfahren, verarztet dann eine Maus, hilft dann Playmobil entstauben und liegt dann „Hunger!“ maulend in der Ecke
  • Kind 2: liest erst alle Pixibücher durch, spielt dann Bootfahren, hilft dann Playmobil entstauben, räumt ein bisschen auf und malt dann etwas
  • Kind 1: macht liegengebliebene Hausaufgaben fertig, liest ein Buch über den Krieg in Syrien, kocht Nudeln, liest dann ein Was ist Was-Buch

Später am Nachmittag geht es weiter im Kirschen entsteinen und mit Fleisch grillen. Immerhin sind gerade Pfingsferien.

Was ist wichtiger im Leben. Arbeit, Überzeugungen durchsetzen, den Haushalt hinkriegen? Den größten Teil nimmt aktuell täglich der Haushalt ein, dazu zähle ich auch Fahrten zum Bauhaus, Renovierung, Gartenarbeit. Dass mir dieser Part des Lebens von seiner Bedeutung her leider sehr wenig wert erscheint, macht die Sache nicht besser.

Coronatagebuch Tag #36

Kennt ihr diese Aprilnachmittage, an denen man barfuß auf dem Balkon sitzt, es gar nichts besonderes zu tun gibt, und man wegen der Hitze eine Cola nach der anderen trinkt? Kennt ihr diese Aprilabende, wenn es nach 20 Uhr endlich etwas kühler wird und man noch ein paar Mücken totschlägt, bevor man reingeht und sich noch den ein oder anderen Film über eine weltweite Seuche reinzieht, damit überhaupt mal irgendwas los ist?

In Wahrheit habe ich das Nichtstun erfolgreich mit viel Arbeit verdrängt. Zwei Stunden Pflanzen, Mulch und Farbe im Baumarkt zusammengesucht. Bohrhammer ausgeliehen. Dabei habe ich eine „vegane Bio-Erde“ gefunden. Ich habe mich dann aber doch für die ganz normale Erde entschieden.

Eine Telefonkonferenz stand an. Am anderen Ende ein Kunde mit Open-Source-Projekten. Alle wollen jetzt homeschooling, alle wollen cloud, alle wollen remote. Der Branche geht es super. Und ich habe jetzt wohl ein regelmäßiges Zubrot.

Der Rest des Tages wurde wieder dem Staub, dem Sonnenbrand und den Mücken geopfert. Im Garten entstehen Beete und Terrassen. Dabei finden wir einen ziemlich großen Knochen (von einem Dinosaurier).

Ein Kind legt sein eigenes Beet unter Bäumen an. Ein anderes taucht bei den Nachbarn unter. Das Dritte hüpft von einem zum anderen und will überall mithelfen.

Drei gute Nachrichten habe ich noch für euch:

  • Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber in Baden-Württemberg gibt es ab Montag wieder Eis auf den Straßen!!!
  • Seit ein paar Tagen bleibt die Zahl der Neuinfektionen unter der Zahl der Neu-Genesenen.
  • Es gibt eine neue „Elternentschädigung laut Infektionsschutzgesetz“. Also der Staat kommt fürden Arbeitsausfall wegen Kinderbetreuung auf. (Ob es anwendbar ist, also denjenigen nützt, die das wirklich benötigen, wird sich zeigen.)

12von12 im Juni

12 von 12 ist eine Challenge. Man macht am 12. eines Monats 12 Bilder und postet sie irgendwo im Internet. Das wars schon. Die Idee hatte vor Urzeiten das Blog Draußen nur Kännchen.

Ich nehme den Zug zur Arbeit. Es ist 5 Uhr 40 und schon hell. Guten Morgen. 1von12

Um 7 Uhr Durchfahrt Güterzug durch Bahnhof Rastatt. 2von12

Der Lindenbaum, der sich vor Blüten biegt, ist bienenlos. 3von12

Mittagessen mit Gutscheinheft. 4von12

Frühe Rückfahrt. Erstmal mit der Straßenbahn in die City einkaufen. 5von12

Himmel über Karlsruhe für @anastasiaumrik. Es ist 18 Uhr. Noch anderthalb Stunden bis zu Hause. 6von12

Heimfahrt. In der Tasche sind jetzt Grillfleisch, Gurken, Kaffeefilter und Knoblauchbrot für das Strohwitwendasein. 7von12

Muss noch ein paar Zugbilder machen, um heute noch auf 12 zu kommen. Hier seht ihr Gaggenau, die Murgtalschönheit. 8von12

Ich musste in den vorderen Wagen umsteigen, damit ich am Ende des Verbundgebiets nicht abgehängt werde. 9v12

Unser Dorf ist einfach das allerschönste. Isso. 10v12

Wir haben hier auch das allerschönste Sägewerk im ganzen Schwarzwald. Zu sehen im Schwarzwaldkrimi (Link auf ZDF-Mediathek). 11v12

Ich höre Gustav und denke über Österreich nach. Hätte ich anstatt der Wasabi-Nüsse besser die Grillfackeln fotografieren sollen? Gedanken zum Abend. 12v12

Berlin

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Das hier ist keine Buchhandlung, sondern ein Metzger. Merke: Berliner essen nur noch Fleisch, wenn sie dazu einen Hardcover-Bildband mit nachdenklich stimmender Tierfotografie in scharfgestochener Qualität bekommen. <just kidding, aber is doch so>

Die Landfrau fährt nach Berlin. Hier bekommt sie Antwort auf alle ihre Fragen.

Zum Beispiel auf die Frage, wo denn die ganzen Menschen zwischen 0-10 bzw. 20-40 Jahren stecken. Also die Menschen im Alter der Landfamilie. Ja, also hier sind sie alle. Die Freundin der Landfrau sagt, in Berlin Mitte und P.berg sei die höchste Geburtenrate in Europa. Die private Kita der Tochter hat schon 11 Ableger gegründet. Erste Cafés wehren sich bereits gegen die Kinderflut, indem sie den Aufkleber „durchgestrichener Kinderwagen“ an der Eingangstür anbringen.

Die Landfrau freut sich ganz arg, dass sie endlich ihre Altersgenossen wiedergefunden hat und sich wenigstens ein Wochenende lang in ihrer Nähe wähnen darf.

Auch die Frage, ob man Wildfremde denn nun duzen darf oder siezen muss entscheidet sich in Berlin zugunsten des Du. Die Landfrau ist aber viel zu verklemmt dafür und beschließt, als Tourist beim einfachen Sie zu bleiben, auch auf die Gefahr hin, mitleidig angelächelt zu werden.

Noch so eine Frage, die endlich ihre Beantwortung findet: Warum nur, warum haben alle Berliner so schicke Wandtattoos/ Bettvorleger/ Lampenschirme/ Kinderspielzeuge? Achso, weil die ja auch direkt im Erdgeschoss des Hauses, in dem man wohnt, zum Verkauf stehen. Merke, der Mitte- und angrenzende Berliner steht nicht wie die Landfrau eine Stunde im Stau auf dem Weg zu IKEA, nur um dort feststellen zu müssen, dass das Objekt der Begierde namens Ole/ Knut/ Smorrebrød bereits ausverkauft ist. Nein, er erwirbt auf dem Weg vom Bäcker mal eben ein handgefertigtes, modisch zukunftsweisendes Einzelstück zu einem völlig akzeptablen Preis und wundert sich ein wenig, dass die gewöhnlichen Deutschen es einfach nicht hinkriegen, so schick zu sein wie er.

Ja, hier sind sie, die Erfolgreichen, die mit ihrer völlig bizarren Geschäftsidee die einzigen in ihrer Nischen-Branche sind und daher keine Konkurrenz fürchten müssen (oder sollte es tatsächlich zwei Unternehmen geben, die „vegane Öle“ verkaufen?). Hier sind sie, die sich in keine Hierarchie, keine Firma, Klinik, Lehranstalt, in kein Bankwesen und in kein Verwaltungsangestelltendasein fügen müssen. Die ihre Arbeit leben und ihr Leben arbeiten. Hier gibt es kein Schaffe und kein Schichten. Nein, hier bringen die Väter die Kinder erst gegen 10 Uhr zur Kita – zu einer Zeit, in der auf dem Land die Kinder schon fast wieder abgeholt werden – wohlgemerkt von den Müttern.

Bleibt noch eine Frage: Was genau machen die Mitte- und angrenzenden Mütter, während Mann und Nachwuchs unterwegs sind? Diese Frage konnte bislang noch nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Möglicherweise erholen sie sich vom nächtlichen Homeoffice / einer Schwangerschaft / einer Party. Vielleicht sind sie aber auch schon seit 8 im Büro. Als Versicherungsfachangstellte. Aber nur ganz, ganz heimlich. Irgendjemand muss den ganzen Lifestyle ja bezahlen.