Abends lesen wir unseren Kindern immer etwas vor. Es gibt dabei nur ganz wenige Bücher, bei denen alle 3 zuhören. Eines davon ist
Die kleine blaue Lokomotive.
Ich habe seltener ein so farbiges Buch mit einer ebenso so simplen wie emotional erzählten Geschichte in der Hand gehabt. Wir haben die gebundene deutschsprachige Ausgabe vom Carlsen Verlag von 1988 1984, die ich selbst schon als Kind gelesen habe.
Die kleine blaue Lokomotive handelt von Hilfsbereitschaft und über das Sich-Hinausgehen. Die Wagen einer kleinen mit Spielzeug gefüllten Bimmelbahn müssen über einen Berg gezogen werden. Mehrere ebenso große wie dumpfbackene oder alte Lokomotiven weigern sich. Doch eine junge, kleine blaue Lokomotive traut sich die Aufgabe zu. Die Gewinner sind: die Spielzeuge, die Kinder, die am Ende mit dem Spielzeug spielen dürfen sowie die kleine blaue Lokomotive selbst, die sehr stolz auf ihre eigene Leistung ist: „Ich habs geschafft!“ Ein Plot für jeden Disneyfilm.
Kind 1 kann schon lesen. Die kleine blaue Lokomotive ist was für Leseanfänger, aber ohne den belehrenden Tonfall, den ich leider in vielen Leseanfänger-Büchern finde. Es gibt es nur ganz wenige Sätze pro Seite, denn die Kleine blaue Lokomotive ist hauptsächlich ein Bilderbuch. Kind 1 und ich lesen abwechselnd jeder eine Seite.
Dabei denkt sich die Mama:
„Hach, ist das aber in einer schönen Serifenschrift (warum nur sind alle Kinderbücher und Lesefibeln heutzutage in diesem geleckten Arial?). Und so eine schöne Sprache. Und hier geht der Mond auf und die Lokomotive ist sich und allen anderen treu und voller Selbstvertrauen und belohnt sich und die anderen mit ihrem Durchhaltevermögen. Dabei ist sie so bescheiden und nicht anbiedernd. Davon können wir uns alle eine Scheibe abschneiden!“
Kind 1 (7 Jahre) denkt:
„Toll, wie schnell das Lesen geht! Ich lese genauso viel wie Mama und ich kann schon alles verstehen. Jetzt haben wir schon wieder eine Seite geschafft! Mein Bruder hört mir gespannt zu.“
Kind 2 (2 Jahre) denkt:
„Die eine Dampflok ist kaputt! Die Lokomotiven haben alle Glocken. Die eine hier ist ganz groß. Aber sie will nicht helfen. Die rote ist sooo müde. Jetzt kommt die blaue. Sie lächelt. Sie kann helfen. Sie fährt ganz weit über den Berg. Puh, ist das schwer. Aber sie hat es geschafft!“
Kind 3 (8 Monate) denkt:
„Wieder so ein Buch mit dünnen Papierseiten! Die kann man so schön mit den Händchen zerknautschen! Schade, dass Mama mich nicht lässt. Ich muss schnell zu meinem Spielzeug robben, sonst wird mir langweilig. Aber es ist schön, dass Mama und meine Geschwister gerade so ruhig sind. Und gut, dass das Vorlesen nicht so lange dauert.“
Die kleine blaue Lokomotive ist von Watty Piper (Autor) und Ruth Sanderson (Illustrationen). Übersetzt von Ursula Kopsch-Langhein. Ab 3 Jahre.
Der Beitrag wurde geschrieben für das Blog Juliliest – Das Blogazine für Familien, die gerne lesen. Fast täglich gibt es hier einen tollen Kinderbuch- oder Hörbuchtipp mit vielen Geschenkideen für Kinder.