Woher kommst du?

Das Supertalent: Eine Castingshow, so innovativ wie ein Brett.

In dem hier verlinkten Ausschnitt fragt Showmaster Dieter Bohlen ein fünfjähriges Mädchen mit asiatischem Aussehen wiederholt, wo sie her sei. Wiederholt antwortet sie mit „Herne“, eine Antwort, mit der er sich nicht zufrieden gibt. Erst als ihre Mutter mit „Thailand“ antwortet, lässt Bohlen das gelten.

Seit dieser Beitrag im Netz gelandet ist, hab ich mir sagen lassen, diskutiert ihr alle unter dem Hashtag #vonhier darüber, ob man „Woher kommst du?“ überhaupt noch fragen darf. Und wenn ja, auf welche Art und Weise es erlaubt sei.

Ich kann dazu gerne einen kleinen Leitfaden an die Hand geben, bin ich doch selbst immer wieder Zeuge von Begegnungen zwischen Gebürtigen und Auswärtigen. Gerade hier auf dem Lande laufen sich erstere und letztere doch ziemlich häufig über den Weg. Dass das nicht immer reibungslos abläuft, ist klar. Doch Missverständnisse müssen nicht sein. Damit der Austausch zwischen beiden Gruppen harmonisch verläuft, hier die goldene Regel für Auswärtige.

Goldene Regel für Auswärtige:

Stelle dich selbst niemals ungefragt einem Gebürtigen vor. Die Gebürtigen stellen sich dir auch nicht vor. Du musst wissen, wer sie sind. Wenn du das nicht weißt, ist das eindeutig ein Zeichen dafür, dass du nicht #vonhier bist. Womit für dich nur die goldene Regel gelten kann.

Unter uns: Der Auswärtige ist ein Fremder. Ihm kann man nicht so viel zumuten. Er hat es so schon schwer genug. Die Kommunikation anstoßen und aufrechterhalten sollte daher der Kenner, der Gebürtige.

Der Gebürtige darf dem Auswärtigen immerzu jederzeit Fragen stellen. Zur Person, zu Namen, Herkunft, warum er/sie hier ist, da er/sie offensichtlich nicht #vonhier ist. Im Gegenzug muss der Gebürtige auch auf Aufforderung hin nicht erklären, wer er/sie selbst ist oder was er/sie hier macht.

Im Folgenden zeige ich die drei Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit Auswärtigen auf.

Die drei Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit Auswärtigen:

  1. „Sie sind doch die… die… die… ja genau: Sie sind doch die Frau von dem Herrn X.!“
    Damit zeigt man als Gebürtiger, dass man den Auswärtigen richtig einschätzen kann und schon im Vorfeld Informationen über ihn eingezogen hat. Der Auswärtige erhält nun die Möglichkeit zu antworten: „Ja, richtig, die bin ich.“  Weitere Fragen seinerseits wären jedoch unhöflich.
  2. „Ja, und wer bist jetzt du? Dich kenn ich gar nicht.“
    Damit zeigt man als Gebürtiger, dass man den Auswärtigen nicht kennen kann, weil es schwierig bis unmöglich ist, ihn zu kennen. Man kann ihn nicht kennen, weil man ihn bisher noch nie gesehen hat, und warum? Weil der Auswärtige von auswärts kommt. (Der Auswärtige darf sich im Gegenzug kurz vorstellen.)
  3. „Sie sind nicht von hier, woher kommen Sie?“
    Diese Frage ist die schönste Art und Weise, als Gebürtiger Toleranz und Integrationswillen gegenüber einem Auswärtigen an den Tag zu legen. Man begrüßt ihn dadurch nämlich nicht mit einer Aussage, sondern mit einer Frage. Das heißt, man fordert ihn direkt auf, etwas von sich zu erzählen. Das ist tolerant, und es integriert den Auswärtigen. Der Auswärtige darf nun, wenn er das möchte, seine Herkunft detailliert schilden. Eine ebenso detailreiche Schilderung aus Leben und Herkunft des Gebürtigen darf der Auswärtige gleichwohl nicht erwarten. Im Gegenteil: Er kann froh sein, dass er auf sein Nicht-Vonhier-Sein angesprochen wurde und darüber berichten durfte. Das ist genuge der Ehre.

 

Das Dorf meiner Träume

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Einmal im Jahr fährt die Landfamilie zu ihrem kleinen Lieblingsfestival. Das muss so sein.

Das Leben in der Festival-Blase ist anstrengend. Man muss Wasser über weite Strecken tragen, man verbrennt in der Sonne, man will einmal in 48 Stunden duschen und dann geht das Wasser nicht, oder man will seine Lieblingsband hören, für die man immerhin rund 300 Kilometer gefahren ist, und dann will stattdessen das Lieblingskind mit einem in einen kleinen Wald laufen und dort Wolf spielen.

Gleichzeitig ist das Leben in der Festival-Blase heiter, lebendig und intensiv, und das so sehr, dass man sicher ist, den Moment eingefangen zu haben und es niemals wieder aufhören wird. Man ist sich so sicher.

Umarmungen, pseudosportliche Spiele bei hohen Temperaturen, Kuscheln auf orientalischen Teppichen. Gebete, laut ausgesprochene Gedanken, Blicke, Knicklichter. Fremde Menschen, die schnarchen oder ihre Kinder fragen: „Hast du A-a gemacht?“, Fremde, die sich zu deinen Freunden erklären und dir deine Füße waschen wollen oder Zeitschriftenabos verkaufen. Und Sanitäter, die den hingefallenen Kindern saure Würmer schenken anstatt sie zum Röntgen ins Krankenhaus zu fahren und das hilft wirklich.

Das ist die Realität, nach der ich 361 Tage im Jahr suche.

361 Tage, an denen ich träume, unser Dorf wäre so ein Festival.

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Das Dorf als Festival – das Dorf meiner Träume

Wir haben nachts ganz gut oder aber gar nicht geschlafen.

Die Wärme treibt uns aus unseren Häusern. Wir sehen strubbelig aus, gähnen, nicken uns zu. Die Kinder rennen über den Platz, in den Sachen, die sie gestern schon anhatten. Die ersten Gaskocher zischen.

Ich stehe mit meinen Nachbarn an der Dorftoilette an und putze mir schnell die Zähne. Wasser läuft aus dem Schlauch. Ich frage eine Nachbarin, wie es gestern Abend so war. Ein Nachbar schlägt vor, zum Frühstücken zu dem leckeren örtlichen Frühstücksclub zu gehen. Ich sage zu.

Wir frühstücken, obwohl es schon 10 Uhr ist. Wir sind ungekämmt, haben wenig an und genießen es. Die Kinder rennen herum und klettern auf die Skulpturen, mit denen unser ganzes Dorf geschmückt ist. Einhörner und Hexenhäuschen aus Holz, Windspiele aus Metall, Spiegel. Ständig wird gesägt und gebaut. Der Spielplatz für Erwachsene erhält heute eine neue Hollywoodschaukel, einfach nur weil jemand Lust hatte, sowas zu bauen. Ob wir da mal vorbeischauen sollen?

Vereine, Kirchen und der Kindergarten sind offen für alle. Undurchsichtige Mitgliedschaften oder geheime Treffen zu geheimen Uhrzeiten gibt es nicht. Man findet alle öffentlichen Gebäude leicht, wenn man den Holzschildern folgt.

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Im Kindergarten kann man kommen und gehen wann und wie man will. Die Kinder spielen mit was und wie lange sie möchten. Die Hälfte der Erzieherinnen sind Männer.

Die Kirche hat offene Wände, die mit Stoffbahnen aus Ballonseide verhangen sind. Zu bestimmten Uhrzeiten ist die Kirche brechend voll, und das mehrmals am Tag und sogar mitten in der Nacht. Dann hört man das Singen, Beten und manchmal auch das Weinen durchs halbe Dorf. Ein paar Erschöpfte, oder welche, die keinen Platz mehr gefunden haben, sitzen rund um die Kirche, trinken Bier und warten auf eine Erkenntnis.

Mittags stelle ich mich zusammen mit einer Nachbarin und ihren Kindern bei einem der zahlreichen Cafés und Imbissen im Dorf an. Einige brutzeln das Essen auf Grills oder in halboffenen Wagen auf der Straße. Es ist immer köstlich. Wir müssen das Essen bezahlen, aber das ist es uns wert. Schließlich verbringen wir durch das Essen im Freien Zeit miteinander, und Zeit ist kostbar. Sie geht und kommt niemals wieder.

Wir lernen uns beim Essen besser kennen, wir schmieden gemeinsam Pläne, für den Tag oder fürs ganze restliche Leben. Wie absurd die Vorstellung, dass jeder im Dorf um dieselbe Uhrzeit in sein eigenes Haus gehen sollte, wo dann alle zeitgleich die Gas- oder Stromzufuhr anwerfen um an hundert verschiedenen Stellen gleichzeitig Essen warmzumachen, das sie nur mit ihrer engsten Familie teilen. Die Kinder wollen doch sowieso nie am Tisch sitzenbleiben und träumen schon nach dem ersten Bissen wieder vom Herumtoben und Umherstreunen. Völlig absurd!

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Nachmittags, wenn es am heißesten ist, ist es für die Müdesten unter uns Zeit, sich schlafen zu legen. Sie legen sich auf Bänke, auf Decken, mitten auf der Wiese. Süß sehen sie aus, eingekuschelt oder alle Viere von sich streckend. Andere gehen zu einem Seminar oder einer Sportstunde oder zu einem Bastelworkshop, je nachdem, was in der Nachbarschaft heute so angeboten wird.

Die größeren Kinder versammeln sich in der Ecke des Dorfes, wo sie sich unter der Anleitung der Junggebliebenen mit Skateboard, Baumklettern und Stöcke-Weitwurf beschäftigen, Grafittis sprayen, auf Instrumente eindreschen oder weiter an einer Geisterbahn bauen.

Die Eltern von Babys und Kleinkindern erkennt man an ihren vielen verschiedenen Tragevorrichtungen und Arten, Kinder in Wagen, Buggys, Bollerwagen, Fahrradanhängern und Trolleys vor sich herzuschieben. Väter tragen und schieben ihre Kleinen genauso häufig wie Mütter. Sie tragen und schaukeln die Kleinen in den Schlaf, während die Mütter seufzend ihre Füße im Planschbecken kühlen.

Wenn der Abend naht, erwacht das Dorf aus seiner Lethargie. Die Kinder bilden Banden und flitzen im Düsteren herum, als gäbe es kein Morgen. Die Erwachsenen überlegen, wieviel Bier sie wohl vertragen. Manche flirten. Manche streiten. Manche waschen ihr Geschirr oder stellen sich unter die Dusche. Man sieht und hört alles.

Abends und nachts läuft in den verschiedenen Gärten unterschiedliche Musik. Man kann zu Nachbar A gehen, bekommt dort für ein wenig Geld Pfannkuchen und die besten Surfhits. Im Garten von Nachbar B wechseln sich Sänger an der Gitarre ab, währenddessen kann man sich Zöpfe flechten lassen oder oder ein Bild malen. Bei Nachbar C gibt es Bier, Geschrei und Gestampfe zu bestem Metal. Und dann gibt es noch den Park, in dem elektronische Musik aus den Bäumen perlt, Cocktails fließen und Leute aller Altersstufen sich im Takt wiegen, bis der Morgen graut.

Das ist das Dorf meiner Träume. An 361 Tagen im Jahr.

Unser Kiez. Oder: Unser Dorf und wir

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Wenn ich meinen Sohn in den Kindergarten bringe, muss ich einmal quer durch den Kiez. Ne, Spaß. Wenn ich meinen Sohn in den Kindergarten bringe, und es ist einer der seltenen Tage, an denen mir die vielen Steigungen nichts ausmachen und an denen es nicht regnet, dann fahre ich mit dem Fahrrad durch unser wunderschönes Dorf.

Zuerst kommen wir durchs Sägewerk. Das ist für kleine Kinder eine Attraktion, aber nicht nur für die. Auch wir Großen staunen, wenn wir den Forwarder auf Schienen hin- und hergleiten sehen, geräuschlos fast, hörbar nur das Poltern der ganzen Stämme, die er hin- und herwirft. Jeden Werktag, von halb 7 bis 18 Uhr oder später gleitet der Riese hin und her, im Dunkeln ausgestattet mit hellen Scheinwerfern.

Wir fahren quer durch das Sägewerk, weichen den Seitenstaplern aus, den Schlange stehenden Lkw aus aller Welt und dem Radlader, der so riesengroß ist, dass er ein ganzes Wohnzimmer wegschieben könnte. Das macht er aber nicht, sondern er schaufelt täglich Berge von Sägespänen in Lkw hinein, die brummend und schnaufend damit talabwärts verschwinden.

Dann fahren wir an der Wiese mit den Kühen vorbei. Zwei Kühe sind es. Immer. Bis auf die wenigen Tage, an denen sie nicht zu sehen sind. Dann sagt mein Sohn: „Die Kühe sind im Stall“, und die Welt ist für ihn in Ordnung. Manchmal sehen wir weiter weg auch zwei Pferde.

Im Winter ist die Wiese überschwemmt. Sie kann Teil eines Flussbetts werden. Im Sommer macht die Familie Z. dort Heu, mit unterschiedlichen kleineren Maschinen und einer Heugabel.

Dann kommen wir an den zwei Schweinen vorbei. Ich weiß gar nicht, zu wem sie gehören. Vielleicht gehören sie zu dem betreuten Wohnen, einem Haus mit stillen Bewohnern, die manchmal laut Musik hören, und die auch Enten, Hühner und Hasen besitzen. Die Schweine sind schonmal ausgebüxt. Auch die Pferde. Und auch die Ziegen, eine ganze Herde. Aber ich schweife ab.

Nach den Schweinen fahre ich einen Fußweg entlang, der eigentlich zu schmal ist für mein Fahrrad und komme zu den Gasthäusern. Es sind zwei, beide sind nicht mehr in Betrieb. Das eine ist ochsenblutrot gestrichen und steht in einem alten Obstgarten. Fast könnte es die Villa Kunterbunt sein, wenn darin nicht ein Paar seine alten Tage verlebte.

Das andere Gasthaus ist größer und hässlicher, bietet aber Potenzial für alles Mögliche, finde ich. Daher war es auch bei Immoscout so schnell weg, als Schnäppchen. Kurze Zeit später wurde das leerstehende Gebäude mit Benzin übergossen und angezündet, der Brand konnte aber so schnell gestoppt werden, dass man dem Gebäude von außen nichts ansieht.

Damals, an der Jahreswende 2015/16, Flüchtlingswelle und so, da hätte ich das mehr als fahrlässige Zündeln sofort in Richtung „rechte Gewalt“ geschoben. Denn der alte Gasthof stand im Gespräch, ein Heim für Flüchtlinge zu werden. Um herauszufinden, was der Grund für die (versuchte) Brandstiftung nun war, müsste ich vermutlich eine Sage schreiben. Eine Schwarzwaldsage, bei der sich alle gruseln, die aber alles erklärt.

Dann kommt der Bahnübergang und dann die Holzbrücke über den Fluss. Das ist meine Lieblingsstelle. Im Sommer feiern wir auf der Brücke. Ich weiß zwar nicht so genau wieso, aber es gibt Wurst und Bier und es gibt Feuerwehrleute, die braten und ausschenken. Es gibt auch Blasmusik, es gibt Kuchen, es gibt ein Feuerwehrfahrzeug, das mit den Kindern Runden fährt. Die Kinder stehen mit den nackten Beinen im Fluss, und die Großen sitzen auf derselben Bierbank wie im Jahr davor, mit denselben Bekannten am Tisch, so als wäre zwischen dem letzten Sommer nicht ein Jahr sondern nur eine Stunde vergangen.

An den weniger heißen Tagen stehen die Fliegenfischer ganz in schwarzen Gummisachen im Fluss und fangen Forellen. Jetzt im Winter ist der Fluss ein Gebräu, das Äste und Einkaufswagen ablädt.

In der Adventsszeit führt auch der Adventsweg über die Brücke, die zwei Teile eines Dorfes oder zwei Teil-Dörfer miteinander verbindet. Dann sind an allen Pfosten Zweige festgemacht, überall flackern Teelichter und Kunstbelichtung, und alle haben es schön, oder wollen es zumindest schön haben.

Ich überquere die Bundesstraße und komme noch an drei Häusern vorbei, bevor der Weg abbiegt hinauf zur Kirche, neben der unser Kindergarten steht. Das letzte Haus am Waldrand zieht stets meinen Blick auf sich, denn einmal ganz rundherum türmen sich – Dinge. Autoreifen, Spielzeug, Bücher, Gartengeräte, Teile für irgendwas, Krims und Krams. Es sind Türme, ganze Städte.

Das erinnert mich immer an eine Nachbarin in meiner ehemaligen Heimatstadt, die sich nicht trennen konnte, oder zumindest: die nichts wegwerfen konnte. Alles, alles was sie auf Flohmärkten geschenkt bekam, stellte sie in den Vorgarten ihres Mietshauses, ausdrücklich zum Wegnehmen. Das waren meist alte Bücher und Keramik. Aber immer mal wieder waren auch Kindersitze, Hochstühle, Babybadewannen und größere Spielzeuge mit dabei. Das rissen wir Neu-Eltern natürlich an uns, versteht sich.

Jetzt biege ich ab, Wald rechts, Fluss links, und fahre hinauf zur Kirche, die meinen Kindern viel Begeisterung entlockt. Sie wird liebevoll „Ding-Dong“ genannt. Da sie an den Kindergarten angrenzt, läutet sie hier immer besonders LAUT. Dann heißt es „DING-DONG!!!“ (gebrüllt).

Ja, bei uns ist was los.

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Ich freue mich, dass dieser Beitrag teilnehmen durfte in der Reihe #kiezmitkind bei Mami Rocks. Hier geht der Artikel, wie er bei Mami Rocks erschienen ist: http://mamirocks.com/leben-mit-kindern-im-schwarzwald-oder-mein-dorf-und-ich/

Was machst du eigentlich den ganzen Tag? Ein 5. Januar im Schwarzwald #wmdedgt

 

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Die erste Januarwoche ist wie alle ersten Januarwochen. Die Weihnachtsferien sind irgendwie schon zu lang. Irgendwie haben alle Grippe. Der Dezember-Schnee ist verschwunden. Stattdessen hat es die letzten Tage so heftig geregnet, dass es tagsüber gar nicht mehr richtig hell wurde. Heute ist der erste glasklare Tag seit Jahresbeginn.

Das Ergebnis des Regens kam heute Nacht, als unser Dorf vom Rest der Welt abgeschnitten war wegen eines tobenden Bachs. Meine Familie, die einkaufs- und arztterminhalber am Nachmittag mehrere hundert Kilometer zurückgelegt hatte, musste das Auto unten stehen lassen und zu Fuß über den Bahndamm waten, wo sie dann bei Freunden klingelten und in einem VW-Bus sicher nach Hause gebracht wurde.

Das Wasser wollte ich mir heute Früh aus der Nähe ansehen, aber es sah schon wieder recht friedlich aus, siehe Bild. Ich hatte mir meinen Sohn geschnappt, um runter zum geparkten Auto zu laufen. Irgendwie machen wir das diesen Winter öfters. Zweimal mussten wir das Auto schon wegen dichtem Schneefall und Glätte unten im Dorf stehenlassen.

Wir fanden das Auto wieder, das trocken geblieben war, und auch gar nicht abgeschlossen (pssst!), stiegen ein und fuhren in den nächsten und in den übernächsten Ort. Supermarkt, dm, Paketabgabestelle, Apotheke, Bäcker. Erst ganz am Schluss fiel mir ein, dass heute der letzte Tag vor zwei Feiertagen ist. Aber ich hatte nicht die geringste Lust, nochmal eine Runde durch die Läden zu machen und beschloss, dass des Einkaufens nun genug sein sollte.

Nachmittags spielten wir Pferd, Eisenbahn, Puppe, verschiedene Gesellschaftsspiele ab 2, und ich las etwas vor. Vorlesen macht mich sehr müde, wenn die Kinder dabei wild durcheinandergreifen, -rufen und -fallen, aber trotzdem unbedingt vorgelesen bekommen wollen. Es macht mich sehr, sehr, sehr müde. Die beiden Kleinen husten außerdem seit einer Woche um die Wette, haben Durchfall und leiden unter Stimmungsschwankungen. Mittlerweile fühle ich mich selbst von dem Virus lahmgelegt. Aber ich muss ja weiterlaufen. Habe gestern Nachmittag schon im Bett gelegen, und ein Nachmittag muss ja reichen, um krank zu sein.

Abends schreibe ich noch ein paar Termine für Januar und Februar in meinen Terminkalender. Es sind alles Termine, die sich um das älteste Kind drehen. Bei uns im Tal ist es üblich, dass die Eltern die Gruppen-Freizeitaktivitäten der Kinder – ob dorfintern oder dorfübergreifend – selber durchführen. Wenn man will, dass sein Kind irgendwo dabei ist, wo auch andere Kinder sind, muss man also selbst etwas auf die Beine stellen. In der Regel bekommt man Unterstützung von der Kirche oder vom Sportverein, die die Örtlichkeit und die Rahmenbedingungen stellen. Den kirchlichen Unterricht (zum Beispiel Jungschar) oder das Fußball-Training führen dann aber die Eltern durch. Wer nicht direkt eine Gruppe leitet, sollte sich ab und zu wenigstens um das leibliche Wohl kümmern. Mein Terminkalender füllt sich also mal wieder schnell mit Hinweisen wie „heute für 12 Leute backen!“, „heute 2 Euro mitgeben!“, „kleines Theaterstück einstudieren!“.

Die Maus hat sich heute schon wieder nicht fangen lassen. Seit drei Tagen lebt sie im oberen Klo, das wir seither nicht mehr betreten, ignoriert alle aufgestellten Fallen und zerfetzt Klopapier und Handtücher. So richtige Frotteehandtücher. Irgendwann gräbt sie noch ein Loch in die Fliesen, male ich mir gerade aus…

Was machst du eigentlich den ganzen Tag? aka #wmdedgt ist eine Aktion von Frau Brüllen. Wer noch mehr Blogs über den 5. Januar lesen will, der klicke hier: http://bruellen.blogspot.de/2018/01/wmdedgt-0118.html

Ich lese mich jetzt ein bisschen durch die Blogs und gehe dann schlafen. Und ihr so?